Umwandlung in Eigentum?!

Es geht den Immobilienbesitzern natürlich nicht um bewahrende Bewirtschaftung von Wohnraum sondern allein um Vermehrung von eigenem Geld. Das funktioniert am besten, wenn sie jeden vorhandenen Quadratmeter so hochpreisig verkaufen wie nur möglich. Der Trick „Umfassende Modernisierung“ hat bei uns nicht geklappt, also kommt jetzt die Umwandlung in Eigentum:  Im Januar 2020 haben Viele in unserem Block ein Schreiben des Bezirksamts Neukölln mit der Nachricht erhalten, dass die Eigentümer beim Stadtentwicklungsamt einen Antrag auf „Begründung von Wohneigentum“ gestellt haben. Das bedeutet, die bisherigen Mietwohnungen sollen als Eigentumswohnungen einzeln teuer verkauft werden. Das Amt muss die Umwandlung trotz Milieuschutzgebiet genehmigen und kann die betroffenen Mietenden nur darüber informieren.

Mehr dazu in dem Artikel von Nicolas Šustr in Neues Deutschland, 27.01.2020.

Demo-Aktion für Mieterschutz im Frühling 2019

„Zusammensetzen“ Demo-Aktion für Mieterschutz im Frühling 2019

Unsere Rechte als Mietende und Bewohner*innen

Wir setzen uns zusammen und informieren uns über die Rechtslage und Möglichkeiten des Widerstandes. Wir schließen uns der Gruppe #200 Häuser an, die Berlinweit alle ebenfalls betroffenen Hausbewohnerschaften miteinander verbindet.
Websiteportal: https://200haeuser.netlify.com/
Facebook: https://www.facebook.com/200haeuser
PDF: 191204_Linksammlung_200Häuser als PDF

Erste Informationen vom Berliner Mieterverein:
https://www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/info-26-umwandlung-von-mietwohnungen-in-eigentumswohnungen-tipps-und-ratschlaege-zum-mieterschutz.htm

Erste Informationen von der Berliner Mietergemeinschaft:
https://www.bmgev.de/mietrecht/tipps-a-z/artikel/umwandlung-und-wohnungsverkauf/
(Infos als PDF runterladen: Umwandlung_und_Wohnungsverkauf)

Umwandlungsverbot im Milieuschutzgebiet:
Umwandlung in Eigentumswohnungen soll im Milieuschutzgebiet untersagt sein, es sei denn die Mieter erhalten ein auf 7 Jahre befristetes Exklusivkaufrecht direkt nach Umwandlung. In diesen 7 Jahren darf nur den Mietern der Kauf angeboten werden. Anschließend, ab dem Zeitpunkt des Verkaufs, sind Kündigungen wegen Eigenbedarfs für weitere 5 Jahre ausgeschlossen. ABER es gibt riesige Schlupflöcher für Besitzer, um auch diese Regelung zu hintergehen. Fazit: KEIN MILIEUSCHUTZ!

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Klage auf Mietminderung gewonnen

Eine Mietpartei aus unserem Block ist mit ihrer Klage auf niedrigere Miete erfolgreich!

Statt 900 € zahlt sie ab sofort rund 512 € Nettokaltmiete monatlich. Die bis dato überzahlte Miete von rund 8550 € muss ihr umgehend zurückerstattet werden.

ERSTE INSTANZ

In erster Instanz war die Klage zurückgewiesen worden, weil die Mietpreisbremse durch „Umfassende Modernisierung“ mit nachgewiesenen Investitionen von rund 37.000 € unwirksam sei, so entschied das Gericht. (Anmerkung: Wenn eine Wohnung mit mindestens 500 €/m² modernisiert wurde, sind weder die Vormiete der Wohnung noch der Mietspiegel für die Mietpreisberechnung relevant. Die Kosten kämen einer Neubauinvestition gleich, daher wird von „Erstbezug“ gesprochen, auch wenn die Wohnung nicht neu gebaut wurde und vorher bereits vermietet war.)

ZWEITE INSTANZ

Das Berufungsgericht stellte klar, dass reine Instandhaltungskosten aus der Summe zu trennen und zudem nur solche Modernisierungen aufschlagfähig sind, die MieterInnen grundsätzlich nicht ablehnen können. In die „Duldungspflicht“ fallen z.B. das Verlegen der Toilette von halber Treppe in die Wohnung, die Umwandlung von Ofenheizung in Sammelheizung oder das erstmalige Kacheln des Badezimmers, wenn es vorher nicht gekachelt war. Alles das traf im vorliegenden Fall nicht zu!

Reine „Geschmacks- und Modeerscheinungen“ wie z.B. das Spachteln der Wände, das Anbringen eines Hängeklosetts, die Installation von LED-Lampen im Flur oder das Ersetzen bereits vorhandener Kacheln müssen von MieterInnen nicht hingenommen und nicht über den Mietpreis finanziert werden. Solche unnötigen Modernisierungen darf der Vermieter nicht auf den Mietpreis aufschlagen!

Nach deren Abzug reduziert sich der Modernisierungsaufwand für die betreffende Wohnung auf nur noch 15.000 € und die Nettokaltmiete konnte auf  8,53 €/m² im Rahmen des Mietspiegels abgesenkt werden. Das ist immer noch deutlich höher als die Vormiete (der Wohnwert wurde verbessert) aber weitaus niedriger als vom Vermieter gefordert.

Erläuterung des Urteils und mietrechtliche Hintergründe:

  • Die Altbauwohnung war als „Erstbezug nach umfassender Modernisierung“ vermietet worden, daher greift hier die Mietpreisbremse nicht, die sich bei der Mietpreisermittlung auf die Vormiete und den Mietspiegel bezieht. Die Baumassnahmen wurden durchgeführt, als die Wohnung mieterfrei war, sie mussten also niemandem angekündigt werden.  Rechtlich sind Vermieter aber verpflichtet, den neuen Mietern auf Nachfrage die Investitionskosten und die vorgenommenen Arbeiten zu belegen. Anhand der Belege (Handwerkerrechnung, Lieferanten, Materialkauf u.a.) kann vor Gericht differenziert werden, welche Arbeiten Sanierung und welche Modernisierung sind.
  • Sanierungen sind Instandhaltungsarbeiten, die nicht auf die Mieter umgelegt werden können. Sanierung ist nur wohnwerterhaltend, nicht -erhöhend. Solche Kosten müssen von Modernisierungskosten abgezogen werden.
  • Das Mietrecht unterscheidet zulässige und unzulässige Modernisierung.  Bei Modernisierungsankündigung haben Mieter je nach Art der Vorhaben eine Duldungspflicht oder ein Ablehnungsrecht.  Geduldet und mit Mieterhöhung bezahlt werden müssen z.B. energetische Fenster oder Heißwasserleitungen, wenn keine vorhanden waren.  Abgelehnt werden können luxuriöse oder modische Massnahmen wie z.B. teure Kacheln oder Fußböden. Im vorliegenden Fall wurde diese Unterscheidung  von der Berufungsrichterin rückwirkend für schon getätigte Baumassnahmen angewendet und nur die Modernisierungen angerechnet, für die grundsätzlich eine Duldungspflicht der Mieter besteht. Die finale Summe von 15.000 Euro ist zu niedrig, um noch als „Umfassende Modernisierung“ zu gelten.
  • „Umfassende Modernisierung“ als Mietrechtbegriff ist uns von UBB ja schon lange bekannt. Sie hebelt die Mietpreisbemse aus, daher wird schon länger von vielen MieterInnen-Initiativen eine Gesetzesänderung des §559 BGB gefordert.

Fazit: Das Urteil wurde erst in zweiter Instanz erreicht, die Klagende hatte starke Nerven, viel Durchhaltevermögen und einen engagierten Anwalt, um letztlich erfolgreich zu sein. Wir freuen uns mit ihr!

Für andere MieterInnen heißt das: Es lohnt sich, auch nach dem unterschriebenen Mietvertrag bei „Erstbezug nach umfassender Modernisierung“ die Investitionskosten genau zu untersuchen, die bei der Mietpreisermittlung eine Rolle spielen, und davon die Kosten abzuziehen, die nicht aufschlagfähig sind. Die Summe, die dann noch übrig bleibt, muss unter dem Schwellenwert von 500 €/m² bleiben (Wert kann sich ändern!) damit der Mietspiegel angewendet werden kann. Die Rechtsberatung der Berliner Mietergemeinschaft ist hier zu empfehlen!