Vorkaufsfrist bis 26.10.

Die Zeit läuft! Dem Bezirksamt ist der Verkauf der fünf Häuser Nansen+Fram am 26. August bekannt gemacht worden. Damit läuft bereits die zweimonatige Frist für wichtige Entscheidungen:

ENTWEDER die neuen Käufer stimmen punktgenau den Milieuschutzauflagen zu und unterschreiben die Abwendungserklärung bis 26.10.2020.

ODER das Vorkaufsrecht wird geltend gemacht und eine städtische Wohnungsbaugesellschaft oder eine Genossenschaft gibt ihre schriftliche Kaufzusage pünktlich bis Geschäftsschluß am 26.10.2020.

Die nötigen Unterlagen müssen sekundengenau (kein Scherz) fristgerecht am Stichtag innerhalb der Geschäftszeit bei den betreffenden Stellen eingegangen sein, damit auf keinen Fall eine Fristüberschreitung passiert!

Mehrgleisig  in den nächsten Wochen

Gleis 1:
Das Bezirksamt legt den Verkäufern und Käufern in diesen Tagen die Milieuschutz-Auflagen zur Unterschrift vor. Bis zum 26.10.2020 haben die Käufer Zeit, diese Abwendungsvereinbarung zu unterschrieben und fristgerecht einzureichen. Niemand weiß also bis zum Stichtag, wie die Käufer entscheiden werden. Unterschreiben sie z.B. schon früher, ist der Vorkauf des Bezirks damit ausgeschlossen und der Privatkauf ist gültig.

Gleis 2:
Gleichzeitig werden in den nächsten Wochen das Bezirksamt und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften prüfen, ob sie den Vorkauf tätigen können. Dazu müssen die Kosten/Mieten kalkuliert und die Finanzierung sorgfältig geprüft werden, die Wirtschaftlichkeitsprüfung braucht Zeit. Der Kaufbescheid muss dem Verkäufer spätestens am 26.10.2020 pünktlichst vorliegen! Schon eine Minute Verspätung macht alles zunichte.

Gleis 3:
Währenddessen müssen wir Mieter*innen weitere Genossenschaften und Stiftungen u.a. ins Boot holen und über die Vorkaufobjekte informieren. Auch hier die aufwändige Kalkulation und Kosten/Mietenprüfung und viel Korrespondenz, Diskussionen und Abstimmungskarussels.  Alles muss parallel laufen, weil niemand weiß, welche Entscheidung vor oder am Stichtag 26.10.2020 fallen wird.

Wer zu spät kommt …

Nach dem Stichtag ist jedes weitere Kaufangebot hinfällig, daher ist die Zeit jetzt eng getaktet. Wir legen unsere Deadline sicherheitshalber auf 19.10.2020, weil der Käufer bis zum Stichtag noch bürokratische Arbeiten schaffen muss. Wir Bewohner*innen und Mietenden sollten mit Leidenschaft und Volldampf unsere Interessen angehen. Wir möchten unsere Wohnraumbestand in dieser Art erhalten, denn vom Baubeginn an wurde hier historisch gesehen schon immer mieterfreundlich agiert. Es wurde ausdrücklich an uns „kleinen Leute“ vermietet und langjährige gute Nachbarschaft erwünscht. Das soll auch für die Zukunft erhalten bleiben.

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Mietshäuser werden verkauft

Das Bezirksamt Neukölln informierte Anfang September 2020 die Bewohner von fünf Mietshäusern im Milieuschutzgebiet Reuterplatz darüber, dass die Häuser auf dem Privatmarkt verkauft werden. Das Bezirksamt verlangt zunächst von den potentiellen Käufern eine Abwendungsvereinbarung, d.h. die Einhaltung der Milieuschutzauflagen (keine Modernisierung, kein Luxusumbau, keine Eigentumsumwandlung u.a.m.). Fehlt die Abwendungsvereinbarung, kann der Bezirk sein Vorkaufsrecht geltend machen.

Bezirkliches Vorkaufsrecht

Welches Interesse hat der Bezirk, die Häuser zu kaufen? Die Wohnungen und Gebäude haben eine einfache Ausstattung und wurden bisher niedrigpreisig vermietet. Modernisierungen wie neue Bäder oder Heizungen wurden teils von den Mietern selbst finanziert und eingebaut. Die Häuser, momentan im Privatbesitz, zählen also zum schwindenden billigen Mietwohnraum, von dem sich ausreichende Mengen im städtischen Besitz befinden sollten. Langfristig ist es vorteilhaft. Eine kurzfristig hohe Ausgabe lohnt sich auf lange Sicht, darum wurden bereits mehrere Häuser in Berlin wieder „zurück“ gekauft. Man lernt aus Fehlern der Vergangenheit: Die Stadt muss über eigenen günstigen Wohnraum verfügen, denn der freie Immobilienmarkt vernichtet bezahlbaren Wohnraum in kurzer Zeit.

Der Milieuschutz muss wirksam werden

Sollte der Verkauf an private Käufer (Immobilienfirmen) erfolgen, so haben wir als Mieterinnen und Mieter JETZT die Chance, mit dem Bezirk und der Öffentlichkeit zusammen von den neuen Besitzern Auflagen einzufordern, die den Wohnbestand in einfacher Ausstattung schützen und die Mieten weiterhin bezahlbar halten. Der Milieuschutz muss wirksam werden, sonst droht die Verdrängung der hier seit vielen Jahren ansässigen Menschen.

Die Verkäufer der 5 Häuser

Insgesamt drei Namen sind im Grundbuch eingetragen, die vermutlich in Teilen geerbt oder sich mit Kapital eingebracht haben. Neben den Kapitalanlegern Charlotte Eisenmann-Zippel, München, und Hans-Georg Grossmann, Schweiz, gibt es eine Haupteigentümerin:

  • Haus- und Vermögensverwaltung Wiest GmbH in Stuttgart – Frau Ingeborg Wiest war Erbin eines Lindow-Anteils

Chronologisch: Lindow hieß die Firma, die den gesamten Häuserblock ca. 1929 erbaute und im Innenhof ihr Bauunternehmen führte. Als eine von drei Erben wurde Frau Ingeborg Wiest eingesetzt. Frau Wiest gründete die Haus- und Vermögensverwaltung Wiest GmbH in Stuttgart, welche lange Jahre mieterfreundlich agierte. Als sie 2014 verstarb, übernahm ihr Erbverwalter, ein Stuttgarter Rechtsanwalt, die Geschäftsführung der Wiest GmbH. (Über Eisenmann-Zippel und Grossmann ist nichts weiter bekannt.) Der ursprüngliche Gebäudeblock wurde bereits 2016 geteilt, mehr dazu unter FAQ

Wer sind die Käufer?

Das ist momentan unbekannt. Man könnte aber vermuten, dass das komplexe Firmengeflecht hinter der Firma Hintze & Co., das auch schon die Nachbarhäuser in der Framstraße, Pannier- und Pflügerstraße besitzt, ein sehr großes Interesse hat, sich die „Lindow-Resthäuser“ einzuverleiben. Das ist ja schon 2016 unternehmerisch aggressiv versucht worden. Unter den Investoren finden sich die berüchtigten Samwer-Brüder, die mit Berliner Immobilien noch reicher werden wollen. („Betongold“)   

Nächste Schritte

Die Mieterinnen und Mieter unterstützen das Bezirksamt nach Kräften bei der Prüfung des Vorkaufsrechts. Wir teilen wichtige Informationen untereinander und beraten uns bei Mietertreffen.
Wohnst du selbst in einem der Häuser Nansenstr. 11 oder Framstraße 3, 5, 7 oder 9? Bitte werde Mitglied im Verein Unser Block bleibt e.V.
Satzung und Mitgliedsantrag

Umwandlung in Eigentum?!

Es geht den Immobilienbesitzern natürlich nicht um bewahrende Bewirtschaftung von Wohnraum sondern allein um Vermehrung von eigenem Geld. Das funktioniert am besten, wenn sie jeden vorhandenen Quadratmeter so hochpreisig verkaufen wie nur möglich. Der Trick „Umfassende Modernisierung“ hat bei uns nicht geklappt, also kommt jetzt die Umwandlung in Eigentum:  Im Januar 2020 haben Viele in unserem Block ein Schreiben des Bezirksamts Neukölln mit der Nachricht erhalten, dass die Eigentümer beim Stadtentwicklungsamt einen Antrag auf „Begründung von Wohneigentum“ gestellt haben. Das bedeutet, die bisherigen Mietwohnungen sollen als Eigentumswohnungen einzeln teuer verkauft werden. Das Amt muss die Umwandlung trotz Milieuschutzgebiet genehmigen und kann die betroffenen Mietenden nur darüber informieren.

Mehr dazu in dem Artikel von Nicolas Šustr in Neues Deutschland, 27.01.2020.

Demo-Aktion für Mieterschutz im Frühling 2019

„Zusammensetzen“ Demo-Aktion für Mieterschutz im Frühling 2019

Unsere Rechte als Mietende und Bewohner*innen

Wir setzen uns zusammen und informieren uns über die Rechtslage und Möglichkeiten des Widerstandes. Wir schließen uns der Gruppe #200 Häuser an, die Berlinweit alle ebenfalls betroffenen Hausbewohnerschaften miteinander verbindet.
Websiteportal: https://200haeuser.netlify.com/
Facebook: https://www.facebook.com/200haeuser
PDF: 191204_Linksammlung_200Häuser als PDF

Erste Informationen vom Berliner Mieterverein:
https://www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/info-26-umwandlung-von-mietwohnungen-in-eigentumswohnungen-tipps-und-ratschlaege-zum-mieterschutz.htm

Erste Informationen von der Berliner Mietergemeinschaft:
https://www.bmgev.de/mietrecht/tipps-a-z/artikel/umwandlung-und-wohnungsverkauf/
(Infos als PDF runterladen: Umwandlung_und_Wohnungsverkauf)

Umwandlungsverbot im Milieuschutzgebiet:
Umwandlung in Eigentumswohnungen soll im Milieuschutzgebiet untersagt sein, es sei denn die Mieter erhalten ein auf 7 Jahre befristetes Exklusivkaufrecht direkt nach Umwandlung. In diesen 7 Jahren darf nur den Mietern der Kauf angeboten werden. Anschließend, ab dem Zeitpunkt des Verkaufs, sind Kündigungen wegen Eigenbedarfs für weitere 5 Jahre ausgeschlossen. ABER es gibt riesige Schlupflöcher für Besitzer, um auch diese Regelung zu hintergehen. Fazit: KEIN MILIEUSCHUTZ!